Anita Mazetta
Grossrätin und Geschäftsführerin des WWF
Anita Mazzetta ist seit über 20 Jahren Geschäftsführerin des WWF Graubünden. Seit 2022 ist sie im Grossrat des Kantons Graubünden für die Grüne Partei. Sie verfügt über umfangreiche Erfahrung im Bereich Wassermanagement. Ihre Expertise übertrifft oft sogar die von etablierten Biologen und Umweltingenieuren.
«Die heutigen Herausforderungen im Wassermanagement, insbesondere im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung, erfordern eine ganzheitliche Betrachtung und den Blick auf das übergeordnete Problem, anstatt sich in Details zu verlieren.»
Mit der Klimaerwärmung wird sich die Verfügbarkeit von Wasser auch im Wasserschloss Schweiz markant ändern. Weniger Schnee heisst weniger Wasser im Sommer. Das Wasser reicht nicht mehr für alle Bedürfnisse. Um Konflikte zwischen den verschiedenen Ansprüchen zu vermeiden, brauchen wir eine Planung, die Wasserdargebot und Wassernutzungen aufeinander abstimmt, die Klimaszenarien berücksichtigt und über den eigenen Tellerrand schaut.
Ein Dauerbrenner ist der Kampf zwischen der Stromerzeugung und dem Schutz der Wasserlebensräume der sich mit der Energiekrise und der Energiewende noch zuspitzt. Zu wenig Restwasser, unnatürliche Abflüsse im Takt der Stromproduktion und unpassierbare Hindernisse setzen den Fischen schon heute stark zu.
”Seit einem halben Jahrhundert ist in der Bundesverfassung verankert, dass der Bund für angemessene Restwassermengen zu sorgen hat. Trotzdem dauert der Kampf um mehr Restwasser bis heute an.”
In den nächsten Jahrzehnten brauchen viele grosse Kraftwerke neue Konzessionen. Dies kann eine Chance für einen fairen Ausgleich zwischen Schutz und Nutzung sein. Gewisse Gewässer könnten im Interesse der Kraftwerke stärker genutzt, andere dafür im Interesse der Natur geschützt werden. Diese Schutz- und Nutzungsplanung verlangt aber auch nach einem solidarischen Ausgleich der Profite. Gemeinden mit einem geschützten Bach müssten gleich profitieren, wie jene, die ihren Bach verstromen lassen und dafür Wasserzinsen erhalten. Ein gutes Beispiel ist der Landschaftsrappen, der in den 1990er Jahren eingeführt wurde, um Gemeinden rund um die Greina-Region für den Verzicht auf den Bau des Greina-Staudamms zu Gunsten der Landschaft zu entschädigen.
“Kooperation statt Konfrontation: Lösungen müssen gemeinsam mit der Zivilgesellschaft und mit allen Interessensgruppen offen diskutiert werden. Partikularinteressen helfen nicht, die wachsenden Konflikte um die Wasserressource zu lösen.”
Für Anita Mazetta bedeutet Fairness, dass wir unseren Gewässern Sorge tragen müssen. Denn lebendige Flüsse und Bäche sorgen für lebenswichtige Ökosystemleistungen, wie sauberes Trinkwasser, Hochwasserschutz, Lebensraum für viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten und Naherholungsgebiete für uns Menschen.